TITEL: Letter To Your Heart AUTOR: HD_Genscher RATING: PG PAIRING: B/W SPOILER: Becoming (Teil 2), Anne DISCLAIMER: Alle Charaktere und Orte gehören Joss Whedon, Mutant Enemy, et al. ARCHIVIERUNG: Warum nicht? Einfach fragen. FEEDBACK: Wenn dir die Geschichte gefallen hat, dann würde ich mich über Feedback freuen. Und wenn sie dir nicht gefallen hat, würde es mir sehr helfen wenn du mir mitteilst, was ich falsch gemacht habe. GEWIDMET: Shyfox & Kirayoshi. I'm under your spell. ANMERKUNG: Ich habe einige Textpassagen verwendet, die nicht aus meiner Feder stammen: Buffys Traum ist eine leicht modifizierte Passage aus dem Drehbuch von "Anne", geschrieben von Joss Whedon. Die Gedichtstrophe stammt aus "The Road Not Taken" von Robert Frost. Schließlich bin ich meiner Korrektorin, Kris P., zu Dank verpflichtet. Sunnydale, 8. Juli 1998 Liebe Buffy, Ich habe heute nacht eine Entscheidung getroffen und ich hoffe, es ist eine gute. Ich habe mich entschlossen, dir zu schreiben. Auch wenn ich keine Ahnung habe, wohin ich den Brief schicken soll. Ich vermisse dich so sehr. Ich habe mich gestern in den Polizeicomputer gehackt und die Berichte auf Hinweise geprüft. Aber sie haben bislang nichts über deinen Verbleib herausfinden können. Das sind schlechte Neuigkeiten. Wenigstens haben sie auch keine Leiche gefunden, auf die deine Beschreibung passen würde. Das sind gute Neuigkeiten. Ohne einen Hinweis auf dein Schicksal schwebe ich ständig zwischen Hoffnung und Verzweiflung, zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Und je länger dieser Zustand anhält, um so grauer und trostloser scheint die Welt um mich herum zu werden. Es ist neblig. Ja, es stimmt tatsächlich, das sonst so sonnige Sunnydale liegt im Nebel, die ganze Woche schon, als ob die Erde aus Trauer ihr Antlitz verhüllen würde. Xander, Oz und ich gehen trotzdem nachts auf Patrouille (sogar Cordy war schon ein paar Mal dabei) und wir haben schon einige Vampire erwischt. Leider gehen uns aber auch genau so viele dadurch. Bei dir schien... nein, ich werde nicht die Vergangenheitsform benutzen, also... scheint das so leicht zu gehen, so einfach. Wir hingegen haben echt Mühe und schaffen es nur mit Teamwork. Wenn demnächst wieder Vollmond ist, werden wir auch noch auf Oz verzichten müssen. Du siehst also: Wir brauchen dich. Wo auch immer du bist, gib mir ein Zeichen. Ruf an; schreib einen Brief. Oder noch besser: Komm' zurück! Deine Willow ---- Los Angeles, 12. Juli 1998 Liebe Willow, glaube bitte nicht, daß ich tot bin oder daß ich euch im Stich lassen will. Bestimmt habt ihr es schwer im Moment. Mom, Giles, ihr alle seid vermutlich voller Sorge um mich. Das tut mir leid. Ich war nur so verwirrt. Angel war zurück, seine Seele wiederhergestellt - dank dir. Er war so hilflos. Ich habe ihn in den Arm genommen. Und dann habe ich ihm das Schwert in den Bauch gerammt und ihn damit in die Hölle geschickt. Ich wußte nicht, was mit mir los war und irgendwie bin ich mir immer noch nicht im Klaren darüber, warum ich das getan habe. Zuerst wollte ich nur raus aus Sunnydale; weg von allem, um in Ruhe nachzudenken. Ich dachte, ich könnte für einige Zeit bei Dad unterkommen, doch er würde wahrscheinlich sofort Mom angerufen haben und so habe ich ihn gar nicht erst aufgesucht. Ich bin trotzdem nach L.A. gefahren und wohne hier in einem kleinen Zimmer. Meinen Lebensunterhalt verdiene ich als Aushilfskellnerin in einem Diner um die Ecke. Heute nacht habe ich von dir geträumt. Ich bin aufgewacht und habe mich hingesetzt, um dir zu schreiben - etwas, daß ich noch nie getan habe: Meine Gefühle zu Papier zu bringen, in Worte fassen zu müssen, was ich auf dem Herzen habe... Darin bin ich nicht besonders gut. Gib mir einen Pflock und ich erledige jeden Vampir. Aber eine Feder... Mein Schwert ist nicht das Wort. Aber ich versuch's. Mein Traum handelte von dir. Von uns. Ich bin am Strand. Die Wellen laufen unaufhörlich auf den Strand auf. Meilenweit ist niemand in Sicht. Ich wandere langsam den Strand entlang, meine nackten Füße sinken ein im Sand. Ich halte an, blicke in die Ferne. Als ich meine Augen schließe und die Sonne mein Gesicht wärmen lasse, legen sich zwei Arme um meine Hüften. Das bist du, Willow; du hälst mich, vergräbst dein Gesicht in meinem Nacken. Ich liebkose dein Gesicht. "Wie hast du mich hier gefunden?" frage ich dich. "Selbst wenn ich blind wäre, würde ich dich sehen," flüsterst du zärtlich zurück. "Bleib bei mir," sage ich. "Für immer." ist deine Antwort. "Ich werde dich niemals verlassen..." Ich glaube, ich habe jetzt etwas sehr wichtiges verstanden. Ich habe geglaubt, einfach weggehen und alles vergessen zu können. Hier in L.A. bin ich einfach nur eine junge Frau mit blonden Haaren, in einer Stadt voller junger Frauen mit blonden Haaren. Ich habe geglaubt, ein anderes Leben leben, jemand anders sein zu können. Als ich gestern abend ins Bett ging war ich Anne, eine junge Frau die einfach frei ist und nicht jeden Tag die Last der Welt auf ihren Schultern tragen muß. Als ich heute aufwachte, war ich wieder Buffy, denn ich habe mich geirrt: ich fühle mich nicht frei. Stattdessen habe ich das Gefühl, daß mir etwas sehr wichtiges fehlt. Ich vermisse dich jeden Tag mehr. Ich glaube, ich liebe dich. Deine Buffy ---- Sunnydale, 14. Juli 1998 Liebe Buffy, Wir haben heute in "Amerikanische Literatur" ein Gedicht von Robert Frost gelesen. Weißt du überhaupt schon, daß die Schule wieder angefangen hat? Ich habe mal für dich mitgeschrieben, damit du alles nacharbeiten kannst, wenn du wiederkommst. Ach ja, das Gedicht. Darin heißt es: I shall be telling this with a sigh Somewhere ages and ages hence: Two roads diverged in a wood, and I -- I took the one less traveled by, And that has made all the difference. Ich habe den breiten, ausgetretenen, gut beleuchteten Pfad gewählt. Dieser Weg führte mich zu Oz. Und obwohl ich ihn liebe, bin ich nicht verliebt in ihn. Mein Herz hat schon immer etwas anderes empfunden, seit dem ersten Tag. Aber das habe ich erst jetzt verstanden. Ich hatte Angst vor dem schmalen Weg. Ich glaube, es ist an der Zeit, einen Schritt zurückzugehen (hoffentlich ist es noch nicht zu spät) und dann den richtigen Weg zu wählen. Deine Willow ---- Los Angeles, 17. Juli 1998 Liebe Willow, ich habe meinen letzten Brief nicht abgeschickt. Ich konnte es nicht tun. Ich habe ihn verbrannt und die Asche in den Wind gestreut. Vielleicht kommt so wenigstens etwas von mir zu dir. Ich weiß nicht, ob du für mich genauso empfindest wie ich für dich. Und wenn ich diesen Brief abgeschickt hätte und du meine Gefühle nicht erwiderst, dann hätte ich nicht nur die Person verloren, die ich liebe, sondern auch meine beste Freundin. So habe ich wenigstens das eine. Zuerst muß ich mich aber um eine seltsame Sache kümmern. Tja, es scheint, daß ich selbst hier, in der fremden großen Stadt, nicht verschont bleibe von mysteriösen Vorkommnissen. In meinem Viertel sind eine Menge Leute verschwunden und irgendetwas steckt dahinter. Lily, die du vielleicht eher als Chantarelle kennst, vermißt ihren Freund und ich habe ihr versprochen, nach ihm zu suchen. Und ich glaube, ihn gefunden zu haben. Allerdings war er ein verwirrter alter Mann... Ich werde wohl mal in der Blutbank vorbeischauen müssen; das ist der einzige Anhaltspunkt, den ich habe. Ich wünschte, du wärst hier; du weißt doch sonst immer, was hinter den Dingen steckt. Andererseits möchte ich dich nicht irgendeiner Gefahr aussetzen, denn irgendetwas gefährliches passiert hier mit den Leuten. Ich werde jetzt gehen. Ich werde der Sache auf den Grund gehen, das Problem lösen, wie ich es immer tue und dann komme ich zurück zu dir. Versprochen! Ich liebe dich, Buffy P.S.: Wie wird es sein, wenn ich zurückkomme? Wirst du da sein, draußen in der Dunkelheit, bei der Jagd auf die Vampire, was eigentlich meine Aufgabe wäre? Werden wir uns unter diesem alten, knorrigen Baum treffen? Wird es regnen, weich und warm? Wirst du den Pflock fallen lassen den du bei dir hast, dich in meine Arme werfen und mich ganz fest halten... weil du immer dasselbe gefühlt hast, seit wir uns das erste Mal getroffen haben... aufgrund dieser Magie, genannt Liebe? Wird es jemals so sein? Ich bin dein. Bist du mein? ---- Sunnydale, 18. Juli 1998 Liebe Buffy, Grau und trostlos. Regen Am Strom: ungeküßt am Ende der Zeit. von dir geträumt, dich so sehr vermißt Ich habe heute nacht geträumt, du wärst zurück. Da war eine Wiese voller Blumen, und ein alter knorriger Baum an einem breiten Fluß. Es regnete in Strömen; ein warmer, weicher Sommerregen. Wir standen beide da, naß bis auf die Haut. Ich konnte es nicht glauben. Du warst zurück! Schließlich fielen wir uns in die Arme und dann... Dann hast du mich geküßt. Und es war das erste Mal. Denn wenn ich es mir genau überlege, dann bin ich noch... ungeküßt. Nicht so jedenfalls. Regentropfen rannen an meinen Wangen herunter und tropften von meinem Kinn. Es könnten auch Tränen gewesen sein. Ich weiß nur nicht, wie ich es Oz erklären soll. Aber er wird es verstehen. Wenn du zurück bist, werde ich mit ihm reden. Mit dir an meiner Seite werde ich das schon durchstehen. In Liebe, Willow --- Los Angeles, 20. Juli 1998 Liebe Willow, es gibt ein altes Gleichnis, daß ich mal irgendwo gehört habe. Leider erinnere ich mich nicht genau, aber ich glaube, es ging so: Wir werden vollständig geboren und irgendwann kurz danach geht die eine Hälfte unserer Seele verloren. Und wir begeben uns auf eine große Suche - die wir Leben nennen - in der wir versuchen, diese andere Hälfte wiederzufinden in jemand anderem. Ich glaube, ich habe denjenigen gefunden, der mich wieder komplett sein läßt. Ich weiß jetzt, warum ich Angel in die Hölle geschickt habe. Ich mußte es tun, um die Welt zu retten. Aber ich wollte auch das, was zwischen uns war und was ich für Liebe hielt, ein für alle Mal beenden. Angel, der immer dann wieder zu Angelus werden würde, wenn ich mit ihm zusammen wäre. Der wieder zu solchen Dingen fähig sein würde wie denen, die wir durchgemacht haben. Das wollte und konnte ich nicht mehr. Aber das allein war es nicht. Denn in dem Moment, in dem Angelus wieder zu Angel wurde, wußte ich, daß du es geschafft hattest. Und daß du es getan hattest, obwohl er dafür verantwortlich war, daß du im Krankenhaus liegen mußtest. Du hast es für mich getan. In diesem Moment wurde mir klar, wer mich komplett sein läßt. Dieser jemand bist du, Willow. Hier in L.A. bin ich ganz allein. Und ich möchte nicht allein sein. Ich möchte bei dir sein. Oh, ich muß jetzt gehen. Der Greyhound nach Sunnydale kommt gleich. Bis heute abend dann... Ich liebe dich, Buffy